
In den vergangenen Jahren waren wir im-
mer nur auf Jakobswegen in der Schweiz, Frankreich, Spanien und Portugal unter-
wegs. Es ist daher einfach an der Zeit, auch die Jakobswege der Heimat kennen zu lernen. Was liegt da näher, als mit dem Kinzigtäler Jakobusweg zu begin-
nen, nachdem ich mittendrin in Haslach geboren und in den ersten Jahren dort aufgewachsen bin.
Also fuhren wir am Sonntag, 04.10.2009, am späten Vormittag mit der Stadtbahn von Karlsruhe durch das Murgtal nach Freudenstadt, bum-
melten über den größten Marktplatz Deutschlands, um im kleinen Nachbarort Lauterbad in einem von uns immer wieder gern besuchten Hotel ein Zimmer für eine Nacht zu buchen.

fernten Startpunkt Loßburg, wo die Kinzig entspringt und der Jakobsweg beginnt. Wir gingen zur Tourist-Info, ließen uns dort den ersten Stempel geben und los ging's.

höfen vorbei. Immer wieder waren Informationstafeln am Wegrand aufgestellt, die vom früheren Leben der Menschen, ihrer Kultur und Geschichte erzählten. Sie lebten damals vor allem von der Holzwirtschaft und der Flößerei. Von hier aus wurden über Kinzig und Rhein die Baumstämme bis nach Holland geflößt.






Je mehr wir uns aber der ehemaligen Grenze zwischen Baden und Württem-
berg näherten, desto spärlicher wurden die so vertrauten Wegmarkierungen und die ursprünglichen - orangefarbene Muschel auf weißem Grund - waren teilweise verwaschen und schlecht erkennbar. Sollte hier immer noch ein Streifen Niemandsland zwischen Badenern und Schwaben verlaufen?
Schöner fände ich es allemal, es gäbe einheitliche Jakobsweg-markierungen, denn das Jakobswegenetz ist grenzenlos, international und völkerverbindend. Da wäre es netter, immer das gleiche Muschel-
symbol als Wegweiser zu haben.
In Schenkenzell war dann unser Etappenziel, wir übernachteten im Hotel Sonne, in dem ich schon vor über 60 Jahren Ferien als Kindererholung verbrachte. Alte Erinnerungen wurden wach.
Am Dienstag, 06.10.2009, ging es dann schon ordentlich zur Sache. Der Weg führte fast ständig bergauf, vorbei am einstigen Clarissin-
nenkloster Wittichen, dessen (heute ev.) Kirche leider geschlossen war. Die Höhenmeter summierten sich fast auf 500 m und die Weg
markierungen machten es nicht viel einfacher, da manche auch miss-
verstanden werden konnten. Gottlob rief uns ein Bauer zurück, als wir treu und brav einem immer steiler werdenden Weg folgten und den zuvor seitlich abzweigenden, an einem Elektrozaun entlang führenden, kaum sichtbaren Trampelpfad übersehen hatten. Für uns die Bestä-
tigung dafür, dass auch hier die Einheimischen ein waches Auge haben und behilflich sind, wo es erforderlich ist.

mals auf einige hundert Meter zwei Gabelwege abchecken, bevor wir sicher sein konnten. Nach dem kurzen Aufstieg zum "Sattelkopf" ging es dann über den "Hinterhals" hinunter in das kleine und sehr reizvolle Bergdorf St. Roman mit der am Hang stehenden Wallfahrtskirche. In der Talsenke lud regelrecht das beliebte Silencehotel Adler zum Bleiben ein. Wir wollten deshalb hier übernachten, obwohl wir erst 13,5 km gelaufen waren. Das Hotel war jedoch vollständig ausgebucht. Die Rezeptionsdame vermittelte uns eine ganz in der Nähe liegende

ne Ferienwohnung, womit die Welt für uns in Ordnung war und wir dennoch für einen kleinen Obolus die Hotelsauna nutzen konnten, wäh-
rend es draußen zu regnen begann. Nach Wolfach als vorgeschlagenes Etappenziel wären es noch 10,5 km gewesen.

acker" (707m) hoch und dann hinunter auf 280m Höhe zur anderen Seite der Kinzig. Ein erneuter Anstieg bis auf 390 m üNN war zu bewältigen, bevor die St.-Jakobus-Wallfahrtskapelle erreicht wurde.

dienst. Vielleicht eine Alternative zum hl. Jahr 2010 für Pilger, die sich nicht dem erwarteten "Rummel" auf dem Camino Francés und in Santiago de Compostela aussetzen wollen?




Es ging jetzt abwärts nach Wolfach, um auf der anderen Seite der Kinzig wieder auf 500 m üNN hochsteigen zu können. Der Weg verlief jetzt einige Kilometer auf dem Westweg in Richtung Hausach (240m) mit erneutem Talseitenwechsel. Es war bei den ungewöhnlich hohen Temperaturen eine sehr schweißtreibende Angelegenheit, fast wie in der Sauna gestern, bis wir den "Bannstein" auf 520 m üNN und unser Etappenziel Mühlenbach (260m) erreicht hatten und im Gasthaus zum Ochsen das letzte freie DZ erhielten.



Am Donnerstag, 07.10.2009, guckten wir nach dem Frühstück in die Kirche nebenan, in der ebenfalls ein Jakobus am Nebenaltar zu sehen war. Drei Kilometer weiter in Haslach, ließen wir uns im alten Kloster, wo die Tourist-Info untergebracht ist, einen Stempel geben und erfuhren, dass drei Pilgerinnen kurze Zeit vor uns ebenfalls vor Ort waren und einen Stempel abholten. Einige Kilometer vor dem nächsten Etappenziel in Zell a.H. hatten wir sie dann eingeholt. Sie stammten aus München und waren von Loßburg bis Gengenbach unterwegs, ließen aber das Gepäck transportieren. Die Tagesrucksäcke, die meine Frau an ihren Rücken anheben durfte, waren aber nicht wesentlich leichter als unsere "kompletten". Wir unterhielten uns angeregt mit-
einander auf dem Weiterweg. Es blieben die einzigen PilgerInnen, die wir auf dem gesamten Weg trafen.
An diesem Tag waren wir wieder über 400 steile Höhenmeter gestiegen, bevor wir im Hotel Sonne in Zell zur Ruhe kommen konnten. In Zell ist die Wallfahrtskirche "Maria zu den Ketten".



Am Freitag, 09.10.2009, ging es weiter durch den Zeller Stadtwald, vorbei an einer Radiumquelle, die uns jetzt nach einem erfrischenden Trunk noch mehr strahlen lässt, zum Kurort Nordrach. Danach war wieder ein heftiger Anstieg zur Lärchenhütte zu bewältigen, die in 590 m Höhe im Nebel lag. Wir fanden aber am Weg genügend Nüsse als Kraftfutter, hatten also genug Reserven. Auch an der "Teufelskanzel", an deren Felsen der Pferdefußabdruck des Teufels zu sehen ist, der sich als Betreuer der Jakobskapelle bei Gengenbach beworben hatte und bei einer Prozession enttarnt wurde, kamen wir problemlos vorbei.









Unser letzter Tag, 10.10.2009, ist schnell erzählt. Es regnete und der Weg verlief topfeben und "langweilig" auf dem Kinzigdamm, bevor er bei Offenburg in Richtung Schutterwald abschwenkte. Wir kamen nach 13 Uhr bei der Jakobuskirche an und wollten auch gerne noch einen letzten Stempel abholen. Unser Pech war aber, dass am Samstag Nachmittag Pfarr- und Bürgerbüros geschlossen sind.

stelle für die Heimreise nach Karlsruhe, kamen wir am Altenpflegeheim St. Jakob vorbei und ich startete da mutig den letzten Versuch, einen Stempel zu erhaschen, ohne gleich mit Sack und Pack stationär aufgenommen zu werden. Immerhin bin ich 69-jährig und war am Ende (des Weges). Und - den Stempel hab' ich bekommen.

Der Kinzigtäler Jakobusweg kann zwar nicht mit einer Weinquelle wie am Camino Francés beim Kloster Irache aufwarten, aber dafür hat man keine Verständigungsprobleme, es wurde überall ein schönes Früh-
stücksbuffet geboten und auch die schwäbisch-badische Küche kann die spanische vergessen machen.
Also, auf geht's - ultreia!
Gerhard
2 Kommentare:
hallo Gerhard,
zum "Glück" ist das Wetter heute so abscheulich, dass die Sehnsucht, gleich los zu laufen, nicht allzu groß ist :-)! Du hast den Weg so schön beschrieben, dass ich ihn vielleicht im nächsten Frühjahr gehe.
Herzliche Grüße
Edeltraud
Hallo,
schöne Beschreibung zum Kinzigtäler Jakobusweg. Ich habe in meinem Blog ebenfalls ein Stück beschrieben, nämlich von Wolfach aus:
http://www.kimmich.net/blog/?p=10482
Von Mai bis September 2013 bin ich vom Raum Stuttgart aus über Konstanz, durch die Schweiz, über Genf bis Santiago de Compostela und weiter nach Finisterra gewandert. Aus den zahlreichen Fotos, die während dieser Pilgertour entstanden sind, habe ich nunmehr zum dritten Mal eine spannende Auswahl getroffen und sie als Tischkalender in glänzendem Bilderdruck herstellen lassen.
In meinem Web-Shop kann ab sofort der neue Camino-Kalender 2016 bestellt werden. Die Motive stammen diesmal aus Deutschland, Frankreich und Spanien und bieten einen abwechslungsreichen Querschnitt dieser langen Jakobsweg-Wanderung. Der Kalender eignet sich auch bestens als kleines Weihnachtsgeschenk. Wer jetzt schon bestellt, kann entspannt der Vorweihnachtshektik entkommen!
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